Beschwingte Glanzlichter (30.5. u. 1.6.2022)


Das Licht geht aus, die elf Musiker des Thalia-Tanzorchesters eröffnen mit den beschwingten Rhythmen von „Wir machen Musik“ den Abend. Kurz darauf betreten ebenso beschwingt die Sänger des Männerchor Götzis die Bühne und stimmen mit dem Orchester ein: „Man müsste Klavier spielen können“. Oder man müsste vereint mit Sängerkollegen und Musikern auf der Bühne stehen und mit Freude, Begeisterung und einigem Können wunderbar leichte, erfrischende Musik aus der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts zum Besten geben, um nicht nur „Glück bei den Frauen zu haben“ wie es im Liedtext heißt, sondern für knappe zwei Stunden in der Kulturbühne AmBach Glück zu verbreiten. Und das scheint voll und ganz gelungen zu sein




Wieder einmal zeigte sich hier die Macht der Musik, die die Zuhörer augenblicklich in eine neue Welt und in diesem Fall eine neue Zeit versetzen kann. Es sind die beschwingten, unbeschwerten Rhythmen und Klänge, die aus den keineswegs unbeschwerten 20er und 30er Jahre stammen, die nach der – vor allem auch kulturell – verzichtreichen und mühsamen Pandemiezeit die Sehnsucht der Zuschauer nach einem vergnüglichen Konzertabend mit purem Genuss perfekt bedienen.

Diese musikalische Zeitreise wird wunderbar unterstützt und geleitet durch die interessante und unterhaltsame Moderation von Christian Urban, mit bis ins kleinste Detail recherchierten Hintergrundfakten. Er lädt gleich zu Beginn ein, sich fallenzulassen, die teils „frauenirritierenden“ Texte, als das zu nehmen, was sie sind: aus dem Wortwitz entstandene leichte Texte, die natürlich nebenbei auch überholte Vorstellungen transportieren – wie könnte es auch anders sein, bei beinahe 100 Jahre alten Texten. Apropos hundert Jahre: Bei der Vorstellung am Sonntag wurde einer 102-jährigen Konzertbesucherin applaudiert, die viele der präsentierten Lieder noch aus ihrer Entstehungszeit her kennt und wohl wirklich zurückversetzt wurde in ihre Kindheit.

Nach dem Auftritt des Orchesters, des Chores und des Moderators warten die Konzertbesucher schon gespannt auf ein weiteres Glanzlicht des Abends: Larissa Schwärzler Sängerin, Komponistin und Bandleaderin von LaRisa bekennt in ihrem Eröffnungslied gleich: „Die Männer sind schon die Liebe wert“. Damit war die Riege der KünstlerInnen komplett – ab jetzt hieß es nur noch: zuhören, mitswingen und genießen.

Und so zeigt sich der Abend aus der Sicht der Zuschauer als pures Vergnügen: Die Musik trägt durch den Abend, mit einem Sound, der immer spannend und überraschend, aber nie aufdringlich ist. Gleichzeitig kann man sich auch optisch an der Riege der Männer des Männerchor Götzis erfreuen, die individuell vom Gilet über die verschiedenfarbigen Fliegen bis zu den gegelten Frisuren im Stil der Zeit gestylt sind und dabei auch die Texte mit Mimik und Gestik untermalen, sodass man aus den Schauen nicht herauskommt – ebenso sind auch die beiden mitwirkenden Frauen im eleganten Stil der 20er-Jahre gekleidet. Der Chor kann neben den auswendig mit viel Schwung und Textpräsenz dargebotenen Liedern seine Qualität auch an der nicht enden wollenden Parade an choreigenen Solisten zeigen: Nicht weniger als 11 Lieder hatten Soloparts, in denen nicht nur die gesanglichen Qualitäten, sondern auch die unterschiedlichen Charaktere der Solisten ein wenig durchschimmerten und auch manches Schauspieltalent sichtbar wurden. Eines der Highlights war dabei sicher eines der neueren Kompositionen, die im Stil der 20er Jahre geschrieben waren: In „Reggeaton im Altersheim“ brachte Thomas Ender den pointierten Text perfekt auf den Punkt. Larissa Schwärzler ist mit ihrer Bühnenerfahrung und ihrer facettenreichen Stimme dazu die professionelle Ergänzung und ein besonderes Glanzlicht des Abends. Christian Urban spinnt den roten Faden durch das Programm und verwebt so die Darbietungen zu einem stimmigen Ganzen. Wer dabei aber wirklich die Fäden in der Hand hat, ist der Chorleiter Oskar Egle, der nicht nur von der Idee bis zur Zusammenstellung des Programms für das Gesamtkonzept verantwortlich ist, sondern auch während des beinahe zweistündigen, ohne Pausen absolvierten Programms dafür sorgte, dass Chor, Orchester, Solisten und Solistin in Punkto Rhythmus, Klang und Ausgewogenheit an einem Strang zogen – was vermutlich nicht so leicht war, wie es schlussendlich aussah. Für das Publikum war es jedenfalls ein Abend voll Leichtigkeit und unbeschwerten Genießens, wie man es sich in den aktuellen Zeiten nur wünschen kann. Für alle, die sich das bisher entgehen ließen: am 14. 5. Gibt es noch ein weiteres Konzert in der Kulturbühne AmBach in Götzis.

Bertram Herburger, Männerchor Götzis, 6.5.2022